Magistratsentwurf zur Änderung der Stellplatzsatzung verfehlt entscheidende Ziele

Der Entwurf des Magistrats zur Änderung der Stellplatzsatzung ist ungeeignet, um wichtige städtebauliche Ziele zu erreichen, so das Resümee der Fraktion Gigg+Volt nach der öffentlichen Präsentation im vergangenem Stadtplanungsausschuss. „Der Satzungsentwurf bleibt mit Blick auf eine städtebauliche und verkehrliche Steuerungswirkung weit hinter dem Möglichen und auch Notwendigen zurück“, konkretisiert Finn Becker die Kritik der Fraktion. Becker hatte für Gigg+Volt im Juni 2024 selbst einen umfangreichen Satzungsentwurf zur Änderung der Gießener Stellplatzsatzung ins Stadtparlament eingebracht. Diesen Vorstoß begrüßte die Koalition damals ausdrücklich auch inhaltlich, wollte vor einer Verabschiedung jedoch eine rechtliche und fachliche Prüfung des Entwurfs von Gigg+Volt durch die Verwaltung einholen. Doch anstelle eines entsprechenden Prüfberichts und eines darauf basierenden Satzungsentwurfs, legte der Magistrat nun einen losgelösten Entwurf vor. „Statt den Beschluss der Stadtverordneten umzusetzen, hat sich der Magistrat zur Vorlage eines Entwurfs entschieden, der in wesentlichen Teilen nicht mehr viel mit dem von uns Vorgelegten zu tun hat“, so Becker.

Zwar benennen Magistrat und Verwaltung in ihrer im Ausschuss gehaltenen Präsentation die abstrakten Ziele einer Satzungsänderung noch treffend. So sollen sowohl die Baukosten, der Flächenverbrauch durch KFZ als auch der motorisierte Individualverkehr reduziert werden. Doch sind die nun vom Magistrat vorgeschlagenen Änderungen nicht dazu geeignet, diese drei Ziele zu erreichen.

So vergibt der Magistrat z. B. die Chance, auf die Pflicht zur Schaffung von neuen Stellplätzen in bestimmten Zonen komplett zu verzichten. Empfehlen würde sich eine solche Zone beispielsweise für die Innenstadt innerhalb des Anlagenrings, in der zum einen die Abhängigkeit vom Auto aufgrund guter Alternativen gering ist, zum anderen zahlreiche Parkhäuser existieren, in denen es mindestens zum Teil auch Angebote für Anwohner gibt. Mit dem Verzicht auf eine Stellplatzpflicht ließen sich nicht nur Baukosten reduzieren und Flächen für anderweitige Nutzungen zurückgewinnen, sondern auch bürokratischer Aufwand für die Bauherrschaft abbauen. Genau diese im Entwurf von Gigg+Volt aufgegriffene Empfehlung, je nach stadträumlicher Lage und Anbindung an den Umweltverbund auf einen Großteil oder vollständig auf die Neuanlage von PKW-Stellplätzen zu verzichten, findet sich auch in dem durch die Koalition beschlossenen Verkehrsentwicklungsplan. Umso unverständlicher sei es, dass dies in dem Magistratsentwurf ohne Berücksichtigung geblieben ist. Stattdessen setzt der Magistrat verstärkt auf Tiefgaragen, die die Baukosten stark ansteigen lassen und bei deren Bau besonders viel klimaschädliche Treibhausgasemissionen entstehen.

Sogar einen Rückschritt im Vergleich zum aktuellen Status quo sieht die Fraktion in der konkreten Ausgestaltung der Reduzierungsklausel durch Maßnahmen des Mobilitätsmanagements seitens der Bauherschafft. Nach der aktuellen Landesbauordnung ist es der Bauherrschaft nämlich gestattet die Zahl der notwendigen Stellplätze um 25% zu reduzieren, wenn hierfür eine höhere Anzahl von Fahrradabstellplätzen hergestellt wird. Diese Regelung ist jedoch nach dem städtischen Entwurf explizit ausgeschlossen. Stattdessen verlangt der Magistrat für eine nur noch 20-prozentige Reduktion nun, dass gleich zwei Maßnahmen des Mobilitätsmanagements ergriffen werden müssen. Für die Bauherrschaft werden also die Anforderungen erhöht, während auf der anderen Seite der Anreiz verringert wird. Es sei zwar richtig, weitere Mobilitätsmaßnamen als Kompensationsmöglichkeiten einzuführen, so Becker, aber das Ergreifen von mehreren Maßnahmen müsse dann mit einer Erhöhung der Minderungsquote einhergehen.

Trotz der Überarbeitung einiger Anforderungen und der im Entwurf eingeräumten Möglichkeit, weitere Stellplätze abzulösen, befürchtet die Fraktion, dass nach dem Satzungsentwurf auch das Gegenteil des Ziels von weniger Stellplätzen im Stadtgebiet erreicht werden könnte. Eine nennenswerte Reduzierung werde mit dem aktuellen Entwurf zumindest nicht erreichbar sein. Auch im Vergleich zu anderen Städten mit einer zukunftsorientierten Verkehrspolitik, wie z. B. Marburg, hinke der Magistratsentwurf weithinterher.

„Wir gehen davon aus, dass die Koalition den jetzt bevorstehenden Zeitraum der öffentlichen Beteiligung dazu nutzen wird, auf Änderungen zur Erreichung der formulierten Ziele hinzuwirken. Ansonsten hätte sie unseren ursprünglichen Antrag auch von vornherein ablehnen können“, so Finn Becker abschließend.

Den konkreten Antrag und Satzungsänderungsvorschlag unserer Fraktion können Sie hier einsehen:

Antrag

Geänderte Satzung

Synopse der Änderungen