Digitalisierung Smart City Gießen gemeinsam gestalten Gigg

Digitalisierung / Smart City

Einleitung

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Die Digitalisierung, d. h. die zunehmende Abbildung von Prozessen, Informationen etc. mit Mitteln der IT und deren Vernetzung, ist eine der wesentlichen Entwicklungen der kommenden Jahre. In vielen deutschen Kommunen herrscht auch deswegen Aufbruchstimmung – u. a. ausgelöst durch das Onlinezugangsgesetz OZG, das alle öffentlichen Verwaltungen dazu verpflichtet, ihre Leistungen bis Ende 2022 über entsprechende Portale auch digital anzubieten. Über das Thema geht weit über das digitale Abbilden von Prozessen hinaus. Viele Kommunen haben das Potenzial erkannt und versuchen sich zur sog. Smart City weiterzuentwickeln. Natürlich gibt es dabei verschiedenen Definitionen einer Smart City, so z. B.
  • eine „informierte, vernetzte, mobile, sichere und nachhaltige Stadt“ (Fraunhofer Institut)
  • oder „ein Sammelbegriff für gesamtheitliche Entwicklungskonzepte, die darauf abzielen, Städte effizienter, technologisch fortschrittlicher, grüner und sozial inklusiver zu gestalten (Wikipedia).
Ziel der Digitalisierung ist es, das öffentliche Leben so effizient und bequem, aber auch so bürger*innenfreundlich und klima- und umweltverträglich wie möglich zu gestalten. Man muss nur z. B. in Dänemark schauen, welches Verständnis von öffentlicher Verwaltung dort vorherrscht, um zu erkennen, welche Entwicklungspotenziale dieses Thema noch bietet. Wie der Branchenverband Bitkom ausführt, „gehen die Dänen online zum Bürgeramt, empfangen digitale Arztbriefe und machen in weniger als 10 Minuten ihre elektronische Steuererklärung. Mit 98,5 % nutzen fast alle Bürger*innen die elektronische Signatur des Personalausweises – und das freiwillig.“ Dabei ist jedoch wichtig zu verstehen, dass Digitalisierung mitnichten eine Einbahnstraße ins Klimaglück bedeutet und auch nicht als solche gesehen werden darf. Neben der sehr relevanten Datenschutzproblematik, derentwegen viele Menschen der Digitalisierung kritisch gegenüberstehen, sollen einige Fakten die klimarelevanten Probleme veranschaulichen, die mit dieser Entwicklung verbunden sind und die bei einer Strategie auch mitgedacht werden müssen (www. intelligentewelt. de/digitalisierung-und-klimaschutz):
  • Die Zahl der Internetnutzer*innen und auch der „digitalisierten Lebensbereiche“ steigt unaufhaltsam – Expert*innen schätzen für die Entwicklung des Internets, dass sich dessen Größe alle zwei Jahre verdoppelt.
  • Digitale Technologien sind heute schon für 4 Prozent der weltweiten CO₂-Emissionen verantwortlich - wäre das Internet ein Land, stünde es auf Platz 6 der Liste der Staaten mit dem größten Stromverbrauch.

Status Quo in Gießen

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Was begrifflich etwas abstrakt daherkommt, bietet gerade Gießen viele Entwicklungs- und Verbesserungspotenziale - als die Stadt Hessens mit dem niedrigsten Durchschnittsalter und dem höchsten Studierendenanteil an der Bevölkerung in Deutschland hat Gießen ganz hervorragende Voraussetzungen, ein wichtiger Vorreiter zu sein. Leider werden diese Voraussetzungen bisher aber nur in Ansätzen (z. B. durch den Mängelmelder, durch die Gießen App etc.) genutzt. So listet der Smart City Index der Unternehmensberatung Haselhorst aus dem Jahr 2020 Gießen lediglich auf Platz 205 von über 400 untersuchten Städte auf, deutlich hinter Städten wie Siegen (Platz 55) oder Marburg (Platz 120).
Wer auf der Seite der Stadt das Schlagwort Smart City eingibt, erhält genau 7 Einträge ohne konkrete Ausführungen zu den Inhalten dieses Begriffs – darunter einen im Zusammenhang mit 2035Null (in Darmstadt sind es 39 Einträge, darunter viele mit erheblicher inhaltlicher Substanz). Eine strategische Verankerung des Themas scheint in Gießen bisher nicht wirklich angedacht zu sein.
Ein leider nicht ganz so lustiger fun fact nebenbei: Wie sehr Gießen bisher leider auch in diesem Punkt der Entwicklung hinterherhinkt, zeigt die Tatsache, dass man beim Googeln (Stand 10.1.2021) von „Smart City Gießen“ zuerst auf der Homepage von 2035Null landet, die dieses Thema ausgeführt hat…

Potenziale für die Stadtverwaltung

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Neben den oben bereits angeschnittenen Potenzialen für Gießen kann und wird die Digitalisierung auch einen wichtigen Beitrag zur Verschlankung der Verwaltung liefern. Wer weiß, wie groß die Probleme der öffentlichen Verwaltung bei der Personalrekrutierung sind und wie groß dort die personellen Lücken sein werden, wenn die geburtenstarken Jahrgänge in wenigen Jahren pensioniert bzw. verrentet werden, weiß auch, wie groß der Druck an dieser Stelle ist.
Und ein weiterer Punkt sei an dieser Stelle genannt – Digitalisierung wird auch zu neuen Geschäftsmodellen führen, für die Daten benötigt werden, die bei den Kommunen liegen.
Elementar für die Akzeptanz solcher Ansätze werden dabei zwei Dinge sein, für die sich Gigg auch einsetzen wird:
  • die vollständige Transparenz des Umgangs mit den Daten gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern,
  • sowie die uneingeschränkte Berücksichtigung des Schutzes der personenbezogenen Daten gem. der EU-Datenschutzgrundverordnung ebenso wie der Datensicherheit.

Potentiale für eine Verminderung der Treibhausgasemissionen

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Eine digital deutlich stärker vernetzte Stadt bietet erhebliche Potenziale, (Energie)-Verbräuche, Waren- und Verkehrsströme etc. besser zu verstehen und damit zu steuern. Hierzu zählen
  • intelligente Stromnetze, sogenannte Smart Grids, zur Verbesserung der Netzeffizienz und zur Integration erneuerbarer Energien,
  • Smart Meter, die Privathaushalten dabei helfen, ihren Energieverbrauch zu reduzieren.
  • die intelligente Vernetzung von verkehrsrelevanten Informationen mit besonderem Fokus auf Mobilitätsformen des Umweltverbundes

Potentiale für die Bürger*innenbeteiligung

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Nutzen der digitalen Möglichkeiten für die schnellere, transparentere und effizientere Beteiligung von Bürger*innen an Prozessen der Gestaltung und Planung ihrer Stadt
  • Generell muss es das Ziel der Stadt sein, die Bürgerinnen und Bürger stärker an den Entwicklungs- und Planungsprozessen zu beteiligen und die Akzeptanz für Entscheidungen zu erhöhen, wenn Argumente für und durch alle am Prozess Beteiligten zeitnah offengelegt werden. Onlineplattformen bieten hierfür die entsprechenden Möglichkeiten, wobei ein besonderes Augenmerk auf eine effektive Moderation des Online-Prozesses gelegt werden muss.
  • Die bisher geringe Beteiligung an der Ideenplattform Klimaschutz auf der Seite giessendirekt. de zeigt, dass es nicht nur des technischen Angebots bedarf, sondern dass Verwaltung und Politik auch klar vermitteln müssen, inwieweit sie Ideen und Anregungen aus der Bürger*innenschaft bei den finalen Entscheidungen berücksichtigen. Ein z. B. in der Kreisstadt Senftenberg umgesetztes Konzept sieht vor, dass sämtliche Vorschläge hinsichtlich ihres Umsetzungsstandes auf der Website begleitet werden. Dabei wird in Form eines Ampelsystems angezeigt, ob der Vorschlag angenommen oder abgelehnt wurde bzw. wie weit die Ausführung gediehen ist.
  • Digitalisierung bietet darüber hinaus auch die Chance, dass Bürger*innen Verwaltungsprozesse aktiv unterstützen und für die Verwaltung vereinfachen, wie dies beispielsweise im ehrenamtlichen Naturschutz heute schon geschieht. • Eine zentrale Komponente für eine Integration der Bürger*innen in die Verwaltungsprozesse einer Behörde spielen dabei Open Access und Open Data, d. h. die Offenlegung und gute Zugänglichkeit aller relevanten (Umwelt)-Daten, ohne die die gesellschaftliche Beteiligung nicht nachhaltig erfolgreich sein wird.

Potenziale für die Bildung

– in allen Altersstufen

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Wer schulpflichtige Kinder hat, konnte im vergangenen Jahr zum einen erleben, welche Umstellungen die Coronakrise bei der Gestaltung des Unterrichts mit sich gebracht hat, und zum anderen, welches erhebliche Verbesserungspotenzial sich hier noch an den meisten Gießener Schulen bietet. Dabei ist es Gigg wichtig, dass der Auftrag der Schulen nicht auf das Thema Effizienz bei der Vermittlung von Wissen verengt wird, sondern auch ganz zentrale Ansätze wie die Vermittlung von sozialen Kompetenzen, von Inklusion, aber vor allem auch von Chancengleichheit nicht aus dem Fokus geraten. Ein wesentliches Risiko der Digitalisierung gerade an den Schulen besteht darin, dass die soziale Spaltung der Gesellschaft durch den völlig unterschiedlichen Zugang der Familien zu digitalen Medien vertieft oder zumindest manifestiert wird. Daher muss es ein ganz wesentliches Ziel der Digitalisierung in den Schulen sein, gerade bildungsfernere Familien in diese Entwicklung einzubinden.

Potenziale für die Stadtplanung und Straßenverkehr

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  • Durch die Simulation von digitalen Modellen der städtischen Verkehrsinfrastruktur, können Straßenbauarbeiten besser aufeinander abgestimmt werden, um mögliche Engpässe in der Verkehrsführung zu verhindern. Außerdem kann dadurch die Umleitung von Buslinien, im Falle einer Baustelle auf der Route, optimiert werden.
  • Die Anbindung von aktuellen, anonymisierten Bewegungsprofilen an das städtische Ampelsystem, ermöglicht eine „grüne Welle“ für öffentliche Verkehrsmittel und Fahrradfahrer. Dadurch werden diese Verkehrsmittel attraktiver und es können einerseits Emissionen eingespart sowie Wegezeiten der Bürger*innen reduziert werden. Außerdem dienen aktuelle Standortinformationen von Bussen, der genaueren Abschätzung von Abfahrtszeiten an den einzelnen Haltestellen. In einem Notfall können Ampelsysteme ebenfalls so geschaltet werden, dass sich eine schnellstmögliche Route für die Einsatzkräfte ergibt. Eine gezielte Ampelsteuerung bietet darüber hinaus die Möglichkeit den allgemeinen Verkehrsfluss auf Emissionsreduzierung zu optimieren.
  • Des Weiteren ermöglicht die Analyse von Bewegungsprofilen eine Priorisierungsreihenfolge für die Errichtung von Fahrradstraßen, neuer Buslinien, Bushaltestellen oder von Lademöglichkeiten für Elektrofahrzeuge. Die gezielte Ausweisung von Gewerbeflächen ermöglicht es den Bewegungsradius der Bürger*innen z.B. beim Lebensmittelkauf zu reduzieren. Was weiterhin zu geringeren Belastungen der Verkehrsinfrastruktur führt.

Potenziale für die „Gießen-App“

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  • Die „Gießen-App“ sollte dahingehend erweitert werden, dass aktuelle Standortinformationen von Leihrädern, Car-Sharing-Angeboten und anderen öffentlichen Verkehrsmitteln über einen Zugriff abrufbar sind. Dadurch kann sichergestellt werden, dass Nutzer*innen immer das für sie passende Verkehrsmittel wählen können.
  • Die „Gießen-App“ sollte außerdem dazu verwendet werden können um z. B. Theater-, Schwimmbad- oder Konzerttickets zu erwerben.
  • Kulturschaffenden und Gaststättenbetreibern sollte ein direkter Zugriff auf die Inhaltsbearbeitung einzelner Veranstaltungen ermöglicht werden, damit wichtige Informationen schnellstmöglich für die Nutzer*innen zur Verfügung stehen.

Potenziale für die Wasserversorgung sowie der Abfall- und Abwasserentsorgung

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  • Die Simulation von vollständigen Wasserversorgungssystemen ermöglicht eine ganzheitliche Lebenszyklusanalyse aller Betriebsmittel. Das bietet weiterhin die Grundlage für die Optimierung der Planung, des Betriebs und der Instandhaltung der gesamten Versorgungsinfrastruktur.
  • Digitale Überwachungssysteme können unter Wahrung der IT-Sicherheit in Echtzeit Sensordaten verarbeiten, um Leckagen oder illegale Entnahmen frühzeitig zu erkennen und zu beheben. Dadurch können Verluste bestmöglich identifiziert und reduziert werden. Die Verarbeitung dieser Daten bietet zusätzlich Optimierungsmöglichkeiten in der Netzplanung.
  • Außerdem können durch die Analyse dieser Sensordaten Pumpenfahrpläne nach dem Bedarf und in Abhängigkeit von Energietarifen optimiert werden. Dadurch kann der Energieverbrauch der Wasserversorgung, als einer der Faktoren mit dem größten Energieverbrauch auf kommunaler Ebene, signifikant reduziert werden.
  • Über die Anbindung von digitalen Wasserzählern werden Ablese- und Abrechnungsprozesse für Versorger optimiert, was die Kosten für Verbraucher*innen deutlich reduzieren kann.

Weitere Gigg-Forderungen

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  • Für die Nutzung der Potentiale der Digitalisierung ist der forcierte Breitbandausbau unabdingbar. Die Ausschöpfung entsprechender Förderprogramme (z. B. der EU) sollte hier im Vordergrund stehen. Der Breitbandausbau muss zu einer Priorität in der Stadtplanung werden.
  • Schaffung der Stelle eines Hauptverantwortlichen auf der Leitungsebene der Stadtverwaltung Gießen, der die Digitalisierungsbemühungen der Stadt strategisch entwickelt und deren Umsetzung begleitet und kontrolliert (eines sog. Chief Digital Officers).
  • Wiedereinführung des Statistikamtes in der Stadtverwaltung, über das wichtige Daten und Informationen systematisch erhoben, bearbeitet und der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden. Wie wichtig diese Forderung ist, zeigt z. B. die Tatsache, dass bis heute viele Veröffentlichungen der Stadt Gießen, aber auch der Stadtwerke Gießen, pro Kopf-Zahlen nutzen, die allein schon deshalb falsch sind, weil sie die Umwidmung von mehreren tausend Zweitwohnsitzen zu Erstwohnsitzen als Folge der Einführung der Zweitwohnsitzsteuer Mitte der 10er Jahre dieses Jahrhunderts nicht berücksichtigen.
  • Die Ideenplattform über giessen-direkt.de soll nicht nur für das Thema Klimaschutz bereitgestellt, sondern auf alle Belange der Stadtentwicklung ausgeweitet werden. Dabei ist es von zentraler Bedeutung, dass die Vorschläge mittels einer Moderation differenziert eingeteilt werden, je nachdem, ob es sich eher um kleinteilige „ad hoc“-Vorschläge handelt, oder ob generelle Belange betroffen sind, die eine tiefergehende Betrachtung durch die Verwaltung bzw. einer Verankerung im politischen Prozess bedürfen.
  • Die Homepage der Stadt Gießen bedarf einer grundlegenden Überarbeitung – sowohl in Bezug auf die Inhalte, aber vor allem in Bezug auf die Funktionalitäten und die Möglichkeiten der Bürgerinformation und der Bürgerbeteiligung. Dazu zählt insbesondere eine deutliche Verbesserung der Auffindbarkeit und der Dokumentation von Bürger*innenanfragen und den Antworten des Magistrats darauf.
  • Eine Studie des Umweltbundesamts zum Thema Stromverbrauch in Abhängigkeit der Verbindungsart hat vor Kurzem gezeigt, dass WLAN deutlich energieeffizienter ist als Mobilfunk. Daher sollte es möglichst schnell zum weiteren Ausbau des öffentlichen WLAN an Orten kommen, an denen sich viele Leute aufhalten (Bushaltestellen, öffentlichen Plätzen, Schwimmbädern etc.).
  • Wir unterstützen die Forderung, dass Projekte, Planungen etc., die mit öffentlichen Mitteln finanziert wurden bzw. werden, auch der Öffentlichkeit gehören und daher frei zugänglich und für alle nutzbar sein müssen.